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Freier Tanz auf freien Füßen | |
In völliger Abkehr von
den starren Strukturen des klassischen Balletts tanzte Isadora Duncan
(1877 - 1927) ohne Korsett und barfuß und begeisterte damit ihr Publikum. Davon
beeindruckt, entwickelte François Malkovsky (1889 - 1982) den Danse Libre
(Freier Tanz) und schuf damit eine Form des Ausdruckstanzes, die jedermann erlernen und
ausüben kann. Diese angenehme und für den Zuschauer sehr ansprechende Art, sich zur
Musik zu bewegen, ist eine hervorragende Schule für unsere Bewegungssinne und passt gut
in das Spektrum der empfehlenswerten Barfußaktivitäten. |
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Die erste Erfahrung | Im Animationsprogramm der Ferienanlage
Euronat an der französischen Atlantikküste werden viele schöne musische Aktivitäten
angeboten, darunter auch der "Freie Tanz". Immer wieder habe ich aus der Ferne
die Männer und Frauen bei anmutiger Bewegung zu schöner Musik gesehen, doch heute habe
ich mich endlich in die Nähe getraut und zum Mitmachen aufgerafft. Sehr freundlich begrüßt die Kursleiterin die Teilnehmer. Wer mit Schuhen gekommen ist, wird aufgefordert, diese abzulegen, weil sich die Lage des Körperschwerpunkts barfuß viel besser steuern lässt. Mit einfachen Übungen beginnend lernen wir, wie durch Gewichtsverlagerung die Bewegungen völlig mühelos eingeleitet oder in verschiedene Richtungen gelenkt werden. Armbewegungen kommen hinzu, Schrittfolgen, Drehungen. Und natürlich tanzen wir das auch zur Musik. Ich stelle fest, dass der Freie Tanz in keiner Weise anstrengend ist, mir aber höchste Konzentration auf meinen Körper abverlangt. Sobald meine Gedanken abschweifen, kommen meine Bewegungen völlig durcheinander. Mühsam und mit Hilfe der liebenswürdigen Tanzlehrerin finde ich wieder in den Takt. Umso taktfester ist eine junge Frau, die wenige Schritte vor mir tanzt -- sehr elegant und ausdrucksvoll. Es kann doch nicht wahr sein, dass es solche Naturtalente gibt, während ich mich plagen muss, um Arme und Beine richtig zu koordinieren? Erst als ich später erfahre, dass es sich um die Leiterin des Fortgeschrittenenkurses handelt, sehe ich, dass alles seine Richtigkeit hat. Im Freien Tanz wirkt sie so jugendlich, dass man ihre 30 Jahre Tanzerfahrung nicht erahnt. In der nächsten Stunde versuche ich dann, so gut ich kann, ihre Bewegungen nachzuahmen. Von ihren Füßen kann ich ablesen, wie sie ihre Bewegungen ohne Anstrengung, aus einem sicheren Gefühl heraus steuert. Und das versuche ich zu übernehmen. Dann habe ich sogar das Glück, dass sie mir für eine Figur als Mittänzerin zugeteilt wird. Dabei sollen die Partner eine Schrittfolge mit aufeinander abgestimmten Armbewegungen spiegelbildlich zueinander tanzen. Es sieht ganz einfach aus. Wie alles andere wird zuerst erklärt und dann mit Musik geübt. Ich empfinde es als Glücksfall, dass ich als ungeschickter Anfänger Seite an Seite mit dieser Könnerin üben darf! Die Musik erklingt, doch bei mir gibt es einige Fehlstarts. Ich
komme nicht in den Takt, gehe mit dem falschen Fuß los, bringe Arme und Beine
durcheinander. In ihrer liebenswürdigen Art unterstützt die gewandte Mittänzerin meine
Startversuche. Und auf einmal gelingt es mir doch, ihre Bewegungen im richtigen Rhythmus
zu übernehmen. Das Hochgefühl des Gleichklangs stellt sich ein, und ich spüre, wie ihre
bewundernswerte Eleganz auf mich übergeht. Dreißig, vielleicht auch nur zwanzig
Sekunden lang erlebe ich mit eigenen Sinnen, was mir bisher unerreichbar erschien. Ein
glücklicher Augenblick in meinem Leben -- vielen Dank an die geduldige Tanzpartnerin! |
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Gesund und wertvoll | Als Grundlage für seinen neuen Weg
studierte Malkovsky die natürliche Mechanik des Körpers. Ohne sich zu gekünstelten
Bewegungen zu zwingen, soll der Mensch seinen eigenen Ausdruck finden. Freier Tanz ist in
hohem Maße Selbsterfahrung. Wer ihn mit der gebotenen Konzentration übt, erlebt und
empfindet seinen Körper als ganz natürlichen Teil seiner Person. Atmung, Bewegung und Gewichtsverteilung sollen im Einklang sein, nirgends kommt es zu Brüchen oder einseitigen Belastungen. Auf diesem Weg werden Körper, Geist und Seele zu einer Einheit, woraus sich auch ein hoher gesundheitlicher Wert ergibt. Achtsamkeit auf die Qualität der Bewegungen ist eine der
Grundbedingungen für die Praxis des Freien Tanzes. Hier ist eine Parallele zur
Körpererfahrung nach der Feldenkrais-Methode zu
erkennen. Und ebenso wie diese dürfte der Freie Tanz ein großes Potential bei der
Behandlung psychosomatischer Erkrankungen oder bei der orthopädischen Rehabilitation
haben. Diese Möglichkeiten warten darauf, erschlossen zu werden und das Angebotsspektrum
des therapeutischen Tanzes zu bereichern. |
François
Malkovsky |
Gemeinsames Lernen | Den Freien Tanz praktiziert man in
Gemeinschaft. Dabei ist das Lernen am Vorbild fortgeschrittener Tänzer ganz wichtig. Und
beim Einstudieren ansprechender Choreographien findet die Gruppe ihr gemeinsames Ziel. Es
herrscht eine Atmosphäre, in der rasch herzliche Kontakte unter den Teilnehmern
entstehen. Damit stellt der Freie Tanz eine schöne Möglichkeit dar, sowohl
Persönlichkeitsbildung als auch Teambildung zu fördern. Auch viele andere Arten des Ausdruckstanzes folgen ähnlichen Grundsätzen wie die von Malkovsky gefundene Form. Immer häufiger sieht man die Tänzer auf der Bühne barfuß, mit Bodenhaftung, und bewundert das Fließen ihrer natürlichen Bewegungen. Auch mit Freizeittänzern werden in diesem Stil schöne Aufführungen gestaltet. Wer die Möglichkeit zum Mitmachen findet, soll nicht lange fragen, nach welcher Schule man arbeitet, sondern in den "freien Tanz auf freien Füßen" einsteigen und Spaß daran haben! Der Freie Tanz nach Malkovsky hat aufgrund seiner sehr sorgsam
erarbeiteten Grundlagen einen großen Wert für die Erziehung und Entwicklung der
Menschen. Deshalb ist dieser für jedermann zugänglichen Kunst unbedingt eine weitere
Verbreitung zu wünschen, auch über die Grenzen Frankreichs hinaus. |
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Der beste Einstieg | Kurse zum Mitmachen gibt es
derzeit in Frankreich
Seminare in Südwestdeutschland können vereinbart werden mit Francine Gartner Ausführlichere Texte in französischer Sprache: |